Bereits
im Mai
2015 haben wir, die Initiative für Demokratie und Bürgerrechte
Frankfurt am Main, uns
mit
den ordnungspolitischen Vorstellungen der CDU Frankfurt am Main, und
insbesondere derer des Frankfurter Ordnungsdezernenten Markus Frank,
beschäftigt. Unser damaliges Fazit:
Markus
Frank und seine Partei versuchen solches Verhalten, welches ihnen
sozial unerwünscht erscheint zu kriminalisieren. Hierbei knüpfen
sie jedoch nicht an das Verhalten selbst an, sondern an das Klientel,
von dem es ausgeht. So
soll beispielsweise öffentlicher Alkoholkonsum im Bahnhofsviertel
teilweise untersagt werden, nicht hingegen am Friedberger Platz, wo
es zu
Anwohnerprotesten
gegen den Freitagsmarkt kam. Auffällig ist hierbei, dass sich diese
beiden Konsumorte nicht
durch die mit dem Alkoholkonsum einhergehenden negativen Nebeneffekte
(Vermüllung, wildes Urinieren etc.), unterscheiden, sondern
durch die trinkenden Personen. Während
im Bahnhofsviertel vor allem sozial Prekäre und Suchtkranke
öffentlich Alkohol trinken, trifft sich im Nordend die gehobene
Mittelschicht Frankfurts (vgl.
http://tinyurl.com/p3tmtgz).
Nun
hat sich Markus Frank etwas Neues ausgedacht, um das Bahnhofsviertel
nach seinen Vorstellungen umzugestalten – mithilfe von Künstlern,
Kneipen und Parties soll Kultur als Mittel eingesetzt werden, um
abweichendes Verhalten und soziale Randgruppen zu verdrängen. Markus
Frank führt zwar aus „Wir wollen niemanden vertreiben. Das
TAB-Projekt ist meiner Meinung nach eine sehr charmante Idee.“ Aber
jede Person mit Alltagsverstand kann sich ausmalen, dass hierdurch
der öffentliche Raum für Suchtkranke weniger attraktiv gemacht wird
und auch werden soll.
In
Frankfurt gibt es ohnehin schon wenig Raum, in dem man als
suchtkranke Person ungestört Drogen konsumieren oder sich einfach
nur aufhalten kann. Es gibt hingegen sehr viel öffentlichen Raum,
der privatwirtschaftlich genutzt wird. Während es in der
Kaiserstraße im Bahnhofsviertel keine einzige öffentliche
Sitzgelegenheit gibt, stehen vor jedem Haus unzählige Tische und
Stühle für die Konsumenten der ansässigen Gastronomie bereit. Man
kann sich in der Kaiserstraße also sehr gut aufhalten, solange man
etwas anderes als (illegale) Drogen konsumiert.
Unserer
Meinung nach ist es aber auch Aufgabe der Stadt Frankfurt, für das
Wohlergehen ihrer suchtkranken Bürger einzustehen. Statt indirekter
Verdrängungsprozesse durch gezielt eingesetzte Kulturaktionen wären
Maßnahmen wie Sitzgelegenheiten, Begrünung und kostenlose
öffentliche Toiletten geeigneter, um den öffentlichen Raum für
alle Viertelbewohner lebenswerter zu gestalten.
Nun
gibt es die Kunstgruppe „Frankfurter Hauptschule“, die mit ihrer
Performance „Im Windschatten des Niedergangs“ auf diese zynische
und menschenverachtende Idee der gezielten Verdrängung bestimmter,
bereits benachteiligter Gruppen durch Kultur aufmerksam macht und die
städtische Ordnungspolitik kritisiert. Die provokante
Pressemitteilung, in der angekündigt wurde, sich öffentlich „einen
Schuss zu setzen“ hat den Ordnungsdezernenten Markus Frank dazu
veranlasst, ein Verbot der Performance zu fordern. Auch das
Frankfurter Kulturamt hat seine Förderzusage zurückgezogen. Unter
dem öffentlichen Druck musste der Veranstaltungsort, die Galerie
Kaiser P, nach eigener Aussage die Performance schlussendlich
absagen, da durch verschiedene Drohgebärden der Stadt Frankfurt, des
Kulturamtes und der Eigentümerin der Kaiserpassage, Deutsche
Immobilien Chancen AG, die Existenz der Galerie gefährdet wurde.
In
unseren Augen ist das Vorgehen der Stadt eindeutig als Angriff auf
die Kunstfreiheit zu verstehen. Dieses Grundrecht wird nicht erst
durch ein Verbot der Veranstaltung unzulässig eingeschränkt,
sondern auch durch die ungerechtfertigte Rücknahme der
Förderungszusage. Die Amtssprecherin des städtischen Kulturamtes
Antje Runge äußerte sich gegenüber der Presse dahingehend, dass
das Amt die Zusage zurückgenommen habe, weil zum einen in dem
Förderantrag der Kunstgruppe nichts über den geplanten „Schuss“
zu finden gewesen sei und sich das Amt zum anderen insgesamt an den
Äußerungen der Gruppe über städtische Mitarbeiter störe, gemein
ist hierbei vermutlich Markus Frank. Die Kunstgruppe hatte zuvor auf
ihrer Facebook-Seite dazu aufgefordert, Markus Frank aus dem Viertel
zu vertreiben.
Diese
Gründe sind jedoch in unseren Augen nicht ausreichend, um eine
bereits erteilte Förderungszusage zurückzunehmen.
In
dem Antrag der „Frankfurter Hauptschule“ wurde eine „drastische
Dramatisierung“ angekündigt. Die Begründung des
Fördermittelentzugs ist folglich mehr als fragwürdig.
Das
Zurücknehmen einer Förderzusage, weil Kunst politisch wird, ist
unzulässig, peinlich und nicht nachvollziehbar. Eine demokratische
Öffentlichkeit muss dies aushalten, wenn sie nicht ihre eigenen
Grundwerte verraten möchte.
Statt
einer autoritären Reaktion stünde es der Stadt Frankfurt gut zu
Gesicht, die Kritik der Künstler ernst zu nehmen. Auch
Drogensüchtige sind Bürger dieser Stadt. Es sollte keine
Unterscheidung zwischen erwünschten und unerwünschten Personen im
öffentlichen Raum geben. Kunst kann und soll herrschaftskritisch
sein. Das Ermöglichen von Kritik, so provokant sie auch sein mag,
ist ein zentraler Moment einer demokratischen Öffentlichkeit!